Geschrieben von Irina Andre-Lang
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Mrs. Mpho Makhalanyane, ein Patenkind und Mrs. Makabelo Tenane


Anfang Januar 2021 habe ich zum letzten Mal über die Situation unserer Patenkinder in Lesotho berichtet. Was hat sich inzwischen getan?

 

Nachdem sich das Corona Virus 2020 zuerst nur sehr langsam in Lesotho ausbreitete, hat die familiäre Zusammenführung in der Weihnachtzeit 2020 alles verändert. Über 130.000 Wanderarbeiter überquerten die neu eröffnete Grenze, um aus Südafrika in ihre Heimatdörfer in Lesotho zurückzukehren. Sie brachten die südafrikanische Virus-Variante mit und verbreiteten sie sofort in ganz Lesotho. In den Wochen nach Weihnachten starben sehr viele Menschen schnell und ohne Behandlung. Im ganzen Land gab es keine Sauerstoffversorgung mehr. Krankenhäuser konnten keine neuen Patienten mehr aufnehmen und Leichenbestattungen waren übermäßig ausgelastet. Mehr und mehr Basotho suchten Hilfe bei traditioneller Medizin und durch mythische Heilungen. Für die Basotho ist fast unmöglich, sich in einer kleinen und überfüllten Hütte zu isolieren. Corona Tests waren spärlich und unzuverlässig.

 

 

Als Folge gab Lesotho am 13. Januar 2021 einen „Red Alert“ heraus - die Schulen wurden geschlossen (unmittelbar nachdem sie am 4. Januar zum ersten Mal wiedereröffnet wurden) ebenso wie Geschäfte. Sozial- und Familientreffen wurden eingeschränkt. Alle Versammlungen, einschließlich der Gottesdienste, wurden verboten. Eine Ausgangssperre wurde von 19 Uhr abends bis 7:00 morgens verhängt. Polizei und Militär wurden landesweit eingesetzt, um die COVID-19-Vorschriften durchzusetzen.

 

 

Diese Maßnahmen funktionierten. Am 3. Februar 2021 wurden die Beschränkungen gelockert, nachdem die Infektionsrate gesenkt werden konnte. Die wichtigsten Superverbreiter bleiben Beerdigungen und Gottesdienste. Am 15. Februar 2021 bat König Letsie III. seine Landsleute im nationalen Fernsehen, nicht mehr an Beerdigungen teilzunehmen. Und Seine Majestät sagte, wenn Lesotho den Kampf gegen das Killervirus gewinnen soll, müssen sich die Bürger anders verhalten. "Das Hauptproblem im Moment ist, dass wir uns schützen müssen", sagte Seine Majestät und fügte hinzu: "Ich weiß, dass wir als Basotho unsere Traditionen schützen, besonders wenn wir unsere Lieben begraben." "Leider müssen wir unter den gegebenen Bedingungen unsere Arbeitsweise ändern und die Vorschriften einhalten." Er sagte, dass die Empfehlungen gegeben wurden, nachdem sorgfältige Studien bewiesen hatten, dass Beerdigungen ein Superverbreiter des Covid-19-Virus waren. „Ich bitte daher alle Basotho, sich an die Empfehlungen zu halten. Es ist immer noch unser Glaube und unsere Hoffnung, dass diese Pandemie eines Tages endet und wenn dieser Tag kommt, werden wir die Chance bekommen, diejenigen, die uns während dieser Pandemie verlassen haben, mit den rechtmäßigen Zeremonien zu ehren“.  Er appellierte an die Verantwortung jedes Einzelnen, die Pandemie zu bekämpfen und sicherzustellen, dass die Infektionsrate verringert wird.

 

 

Im März 2020 hatte Lesotho seine 14 Grenzposten nach Südafrika schnell geschlossen und gesperrt. Ein Jahr der Beschränkungen hat die Wirtschaft in Lesotho dezimiert - Unternehmen scheitern, hohe Arbeitslosigkeit und Einkommensverlust steigern sich. Diejenigen, die Gemüse auf der Straße verkaufen und andere Straßenhändler, haben kein Einkommen mehr. Eltern bemühen sich sehr, ihre Kinder durch Minijobs zu ernähren.

 

Das häufigste und verzweifelte Problem ist Hunger! Fast ein Viertel der Bevölkerung in Lesotho benötigte zwischen Januar und März 2021 aufgrund von Covid-19-Beschränkungen Nahrungsmittelhilfe, laut Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO). Schätzungen zufolge sind mehr als 580.000 Menschen bei einer Bevölkerung von 2,2 Millionen Menschen lebensmittelunsicher, obwohl in diesem Jahr normale bis überdurchschnittliche Regenfälle fallen und damit das Potenzial für eine überdurchschnittliche Getreideproduktion besteht. Die FAO sagte, Covid-19 habe das Haushaltseinkommen gesenkt und die Fähigkeit der Menschen, Düngemittel zu kaufen oder Arbeitskräfte einzustellen, beeinträchtigt, was "wahrscheinlich die potenziellen Ertragssteigerungen begrenzen wird". Die Zahl der Menschen, die in 2021 Nahrungsmittelhilfe benötigen, ist etwa 35% höher als zwischen Oktober 2019 und März 2020, sagte die FAO.


 

Ein Hurrikan im südlichen Afrika brachte Anfang Februar 2021 heftige Regenfälle nach Lesotho und verursachte schwere Schäden an Hüttendächern, Straßen und Feldfrüchten. Mehrere Menschen kamen ums Leben. Am 17. Februar 2021 erklärte der Premierminister von Lesotho, Moeketsi Majoro, den sechsmonatigen Ausnahmezustand. Die Reparatur der 33 zerstörten Hauptbrücken wird über 7 Mio. Euro kosten. Zum Glück überlebten dennoch genügend Pflanzen, um die Familien mit Gemüse zu versorgen.

 

 

Yes we care! e.V. hat seit Beginn der Corona Pandemie und der Schulschließung im März 2020 fünf Hungerhilfe Aktionen durchgeführt. Dabei wurden nicht nur alle 115 Patenkinder und ihre Familien mit Grundnahrungsmitteln versorgt, sondern auch – dank der großartigen finanziellen Unterstützung durch viele PatInnen und anderer SpenderInnen – Hunderte von weiteren bedürftigen SchülerInnen und deren Angehörigen aus der Pitseng High School und Pontmain Primary School. Die vierte Hungerhilfe Aktion war im Januar 2021 und die fünfte Ende Februar 2021. Diese Hungerhilfe hat viele Menschen vor dem Ver-Hungern gerettet! Die sechste Aktion ist in der ersten Aprilwoche 2021 geplant, kurz vor der Osterpause.

 

 

Unsere Betreuerinnen, Mrs. Makabelo Tenane und Mrs. Mpho Makhalanyane, leisten eine ausgezeichnete Arbeit. Sie berichten: „Die Verteilung der Lebensmittel läuft gut und wir haben auch begonnen, Briefe an die PatInnen und Fragebögen einzusammeln. Das einzige Problem ist, dass es viel regnet und auf einigen Straßen ein Chaos herrscht und wir einige Flüsse zu den Dörfern nicht überqueren können, in denen YWC-Studenten wohnen. Außerdem können wir nicht richtig fotografieren und müssen einige Regentage auslassen. Aber alles in allem läuft es richtig gut. Heute war unser letzter Tag für die Verteilung von Lebensmitteln und wir sind so glücklich, dass es allen SchülerInnen immer noch gut geht!“ Am Ende haben sie es geschafft, alle SchülerInnen zu erreichen, auch diejenigen, die beim letzten Mal nicht erreicht werden konnten, da die Flüsse überflutet waren.

 

 

Lesotho ist eines der 92 Länder, die im April 2021 kostenlose Impfstoffe von der COVAX-Einrichtung erhalten sollen (eine vollständig subventionierte Initiative der Weltgesundheitsorganisation, armen Ländern kostenlose Impfstoffe zu geben). Sollte es ankommen, ist der Impfstoff, den sie erhalten, im März 2021 abgelaufen. COVAX verpflichtet sich, genügend Impfstoffe für 20% der Bevölkerung jedes Ziellandes zu spenden. Diese Länder, einschließlich Lesotho, müssen die Mittel finden, um die zusätzlichen Impfstoffe zu erwerben, die für die verbleibende 80%-ige Deckung erforderlich sind. Lesotho wird bereits im März 2021 im Rahmen der Covax-Initiative seine erste Charge von COVID-19 AstraZeneca-Impfstoffen erhalten, die 3% der Bevölkerung abdeckt. Die Regierung kündigte an, dass Schüler und Lehrer in der ersten Gruppe geimpft werden, so dass alle Schulen geöffnet werden können, aber nur Schüler über 16 Jahre sollen geimpft werden. Dies ist ein konkreter Anfang. Nach den neuesten Zahlen des Worldometer Coronavirus hatte Lesotho bis heute 10.525 registrierte Fälle und 309 Todesfälle. Diese Zahlen geben die Realität nicht wieder, da nur ein Bruchteil der Infektionsfälle erfasst werden.

 

 

Diese Woche gab das Bildungsministerium bekannt, dass die Schulen nach fast einem Jahr eröffnet werden und alle SchülerInnen der 10. und 12. Klassen vom 15. bis 31. März 2021 ihre Prüfungen schreiben werden. Außerdem sollen alle Schülerinnen in die nächste Klasse befördert werden. Der Minister hat noch nicht angekündigt, wann die achten, neunten und elften Klassen wieder in die Schule gehen können werden. Es kann noch einige Wochen / Monate dauern, bis die Schulen vollständig geöffnet sind.

 

Diese Entscheidung des Bildungsministereriums macht aus unserer Sicht keinen Sinn: wie alle anderen SchülerInnen in Lesotho sind unsere Patenkinder ein ganzes Jahr nicht im Schulunterricht gewesen. Das Angebot von Online Unterricht gab es nur in ganz wenigen Schulen, nicht an der Pitseng High School. Die meisten Kinder in Lesotho haben keine Tablets oder Computer. Wenn vorhanden, versuchen sie, auf kleinen Handys zu lernen, aber es ist nicht effektiv. Sie haben zu Hause kein Internet – so ist es schwer zu recherchieren. Es gab keinerlei Vorbereitung auf die wichtigen Prüfungen der 10. Klasse, das sogenannte JC Examen, ohne das man nicht in die 11. Klasse versetzt wird, und das Abitur der 12. Klasse. Die Kinder haben entsprechend keine Chance, diese Examen zu bestehen. Unsere Betreuerinnen vor Ort vermuten, dass diese Entscheidung nur aus finanziellen Überlegungen getroffen wurde: die lange im Voraus entrichteten Anmeldegebühren für die Examen müssten bei weiterem Verschieben der Examenstermine vom Ministerium zurückerstattet werden.

 

Zusammen mit der Pitseng High School wurde von Yes we care! e.V. folgendes beschlossen: Alle Patenkinder von Yes we care! e.V. werden das letzte Schuljahr wiederholen, mit der einzigen Ausnahme, falls doch eine/r wider Erwarten das Examen bestehen sollte.

 

Seit heute sind die SchülerInnen der 10. Und 12. Klassen wieder an der Pitseng High School und helfen bei den Vorbereitungen für die Prüfungen nächste Woche.

 

Wir bedanken uns von ganzem Herzen bei allen, die Yes we care! e.V. in dieser herausfordernden Zeit finanziell unterstützen, an die Patenkinder und ihre Familien sowie alle bedürftigen Menschen in Lesotho denken und für sie beten und uns Mut machen für unsere Arbeit.