9. Mitgliederversammlung des Vereins Yes we care! e.V. am 21.07.2019
Ein Teil der Mitglieder von Yes we care! e.V.:
Von links: Ulrike Schinder, Monika Witt, Ulrike Völkmann, Peter Lang, Helga Ahlbach, Ulrich Karpinski, Elke Karpinski, Irina André-Lang
Am Sonntag, 21.07.19, fand in Ehrwald, Österreich, unsere neunte Mitgliederversammlung statt. Von derzeit 23 ordentlichen Mitgliedern konnten 8 anwesend sein.
Insgesamt war das vergangene Vereinsjahr das schwierigste in der Vereinsgeschichte von Yes we care! e.V., es gab schwerwiegende Rückschläge, die mit Entwicklungen in Lesotho und direkt vor Ort an der Schule in Pitseng zu tun haben, die wir nur begrenzt beeinflussen können.
Alle Projekte des Vereins wurden besprochen, das wichtigste Projekt von Yes we care! e.V. ist das Patenschaftsprogramm. Dieses Programm ist ganz besonders von zwei Ereignissen negativ betroffen:
(1) Der erste große Schock war der nationale LehrerInnen-Streik in Lesotho, der am 18. Februar 2019 begonnen wurde. Der Hauptgrund waren die sich verschlechternden Arbeitsbedingungen an den Schulen und die seit Jahren nur teilweise ausgezahlten LehrerInnengehälter. Der Streik bedeutete, dass ALLE Schulen in Lesotho geschlossen werden mussten, wer als Streikbrecher vermutet wurde, brachte die Sicherheit der jeweiligen Schule und Personen in Gefahr. Der Streik erlaubte nur eine ganz bestimmte Woche pro Monat Unterricht, drei Wochen durfte nicht unterrichtet werden und war für das ganze Jahr 2019 vorbereitet und geplant. Auch PHS musste geschlossen und alle Patenkinder nach Hause geschickt werden. Gott sei Dank wurde der Streik nach sieben Wochen beendet und ab 8. April 2019 fand wieder regulärer Unterricht statt, auch an der PHS. Leider verloren wir einige SchülerInnen in dieser Zeit durch den Besuch einer Initiationsschule oder Schwangerschaften. Die langfristigen Konsequenzen dieses Streiks werden erst am Schuljahresende zu sehen sein, wenn Examen geschrieben werden. Trotz zahlreicher Bemühungen, den Unterrichtsstoff aufzuholen, z.B. durch eine Verlängerung der ersten Schuljahreshälfte um eine Extra-Woche, bleibt zu befürchten, dass sich die ohnehin schon unter dem Landesdurchschnitt liegenden akademischen Ergebnisse an der PHS weiter verschlechtern werden. (Leider wurde der Streik ab 12. August 2019 wieder aufgenommen, da die Regierung erneut die Abkommen mit den LehrerInnen nicht eingehalten hat).
(2) Seit Anfang Januar 2019 wurde eine andere Nonne des Ordens der Sisters of Charity als Leiterin des Mädcheninternats durch den Rat der Sisters of Charity bestimmt. Sie hat bereits seit langem keinen guten Ruf, da sie in ihrer Funktion als Schulleiterin an einer benachbarten Grundschule (Guardian Angel Primary School, ebenfalls auf demselben Gelände) durch besondere Härte und Übergriffe auf die Grundschulkinder bekannt und nach einer sehr kurzen Zeit entfernt wurde. (Nach unserem Wissen war sie nur drei Monate im Amt und musste gehen, nachdem sie einem kleinen Mädchen den Arm gebrochen hatte. Als Folge dieser Vorkommnisse wurde die Partnerschaft zwischen dieser Grundschule und einer Schule in Kanada beendet, die durch eine Hilfsorganisation, Help Lesotho, vermittelt worden war.)
Seit Januar 2019 hat diese Nonne nun ungehinderten Zugang zu Hunderten von Mädchen im Internat. Die Situation im Mädcheninternat hat sich seither drastisch verschlechtert: Sie schlägt die Mädchen, die eine Heidenangst vor ihr haben, die Mädchen wurden aus nichtigsten Gründen gezwungen, draußen vor der geschlossenen Tür des Internats auf dem Hof zu schlafen, wo sie weder sicher noch warm genug waren! Seit Januar 2019 wurden zahllose Mädchen von ihr aus diversen und normalerweise nicht nachvollziehbaren Gründen endgültig aus dem Internat ausgeschlossen, was für viele dieser Mädchen ein Ende ihrer Schulzeit bedeutet, da sie in zu großer Entfernung wohnen, um täglich hin- und herpendeln zu können. Diese Entwicklung führt zum Verlust einer weiteren Hilfsorganisation, der Lesotho-Gruppe der St. Petri Kirchengemeinde in Langen, die sich seit über 40 Jahren für die bedürftigen Kinder an der Pisteng High School engagieren und die jetzt alle ihre Patenkinder von der Schule nehmen werden! Diese Nonne, die von ihrer Ausbildung her Lehrerin ist, weigert sich auch, die vielen Mädchen während ihrer Studierzeit zu betreuen, was von besonderer Bedeutung ist, da die Examensergebnisse der Schülerinnen der Pitseng High School immer schlechter werden.
Yes we care! e.V. hat einen Vertrag bzgl. der Kosten für die Unterbringung der momentan 84 Mädchen im Yes we care! e.V. Patenschaftsprogramm. Diese Kosten wurden wie immer zeitgerecht nach Lesotho überwiesen. Mitten im laufenden Schuljahr 2019 (das Schuljahr geht immer von Januar bis Dezember) wurde entschieden, zusätzliche Gebühren zu erheben, die bei Nichtzahlung zum Ausschluss der Mädchen aus dem Internat führen. Diese neuen Gebühren wurden in keiner Weise offiziell mit YWC besprochen oder gerechtfertigt, geschweige denn verhandelt. Nur durch eine von YWC initiierte Intervention bei Sr. Clementina, Mother Provincial der Sisters of Charity, konnte die Entlassung der Mädchen in unserem Programm verhindert werden. Wir warten zurzeit darauf, eine schriftliche Zusage von den Sisters of Charity zu erhalten, dass kein Mädchen aus unserem Patenschaftsprogramm aus dem Mädcheninternat ausgeschlossen wird, ohne dass triftige Gründe vorliegen, die mit uns kommuniziert und zuerst abgesprochen werden!
Seit wir über diese Entwicklungen informiert sind, haben wir unermüdlich versucht, durch E-Mails und in persönlichen Gesprächen, die an der Pisteng High School stattfanden, eine gemeinsame Lösung mit den Sisters of Charity zu finden. Die Nonne sollte so schnell wie möglich durch eine geeignetere Person ausgetauscht werden. Leider wurde diese Bitte/Forderung abgelehnt, Yes we care! e.V. wurde darüber offiziell von Sr. Clementina Molefe, Provincial Superior for the Sisters of Charity, informiert. Das Gegenteil passierte, seit April 2019 ist die Nonne zusätzlich als Lehrerin an der Pitseng High School angestellt, was dazu führt, dass Eltern der von ihr geschlagenen SchülerInnen sich bei der Schuladministration über die Misshandlung ihrer Kinder beschweren. Das Ziel ist, sie auch zur Schulleiterin der Pitseng High School zu ernennen, was nur möglich ist, wenn sie als Lehrerin an der Pitseng High School angestellt ist.
Als Konsequenz dieser unerträglichen Situation nehmen wir momentan keine neuen Kinder in das Patenschaftsprogramm auf.
Es gab aber auch positive Entwicklungen:
(1) Der Bau eines zweiten Jungeninternats wurde bei der vorletzten MV beschlossen. YWC erhielt dafür eine Förderung von 100.000,00 EUR von Sternstunden e.V..
Im Dezember 2017 wurde mit dem Bau begonnen, der für weitere 48 Jungen ausgelegt ist. Bereits im August 2018 konnten die ersten Jungen einziehen, wenn auch nur der Bau fertig war, jedoch noch kein Strom- und Wasseranschluss. Seit Januar 2019 sind beide Jungeninternate voll belegt, davon zwei Drittel Patenjungen und ein Drittel bedürftige Schüler von außerhalb des Patenschaftsprogramms.
Die Verwirklichung der Solarprojekte verzögerte sich, weil die Solarfirma erst alle Probleme mit den Solaranlagen am Bischof-Manfred-Müller-Jungeninternat 1 (BMMBBF1) lösen musste, bevor YWC neue Verträge für das zweite Internat abschließen konnte. Inzwischen ist die Solarthermie-Anlage verwirklicht. Es wurde entschieden, das BMMBBF2 an das nationale Stromnetz anzuschließen, da es zu viele Verzögerungen und Probleme mit der Solarstromanlage am BMMBBF1 gab. (Inzwischen ist das BMMBBF2 elektrifiziert.)
Das größte Problem ist und bleibt die Wasserversorgung der Internate. YWC steht auf einer Warteliste der Regierung für kostengünstige Bohrungen - bis wir an der Reihe sind, kann es aber sehr lang dauern.
Der Bau der Toilettenanlage für die fast 100 Jungen in den beiden Jungeninternaten ist fast abgeschlossen. Es handelt sich um ein ökologisches EcoSan-Toilettensystem, das wasserlos funktioniert und so gut wie geruchlos sein soll. Für Interessierte hier zwei Internet-Links http://www.ecosan.co.za/ und https://www.youtube.com/watch?v=gPummZRR2Cg. Acht Toiletten werden für die vielen Jungen ausreichen. Von der Firma Bosch hat YWC 9.000,00 Euro Unterstützung für dieses Projekt erhalten über den Verein Cents for help e.V. – die gemeinsame Aktion von Mitarbeitern und Unternehmen der Bosch-Gruppe in Deutschland.
Da es im BMMBBF 2 einen Lagerraum gibt, konnten Gartengeräte angeschafft werden, die sichtbar eingesetzt werden: Das Grundstück zwischen und um die Internate herum sieht sauber anlegt aus und es wächst sogar etwas Gemüse!
Die Jungen lieben ihre Internate und fühlen sich wirklich zu Hause. Sogar ehemalige Schüler kommen immer wieder zurück und besuchen ihren früheren Betreuer, Mr. Thabiso Paku. Da es Bücher und Spiele gibt, laufen die Jungen in ihrer Freizeit nicht fort, sondern freuen sich an diesen! Besonders die Tischfußballspiele sind sehr beliebt. Auch Feste werden gefeiert: Am Ende des Schuljahres machen unsere Abiturienten einen richtigen Braai (Grillfest).
Die offizielle Einweihung des neuen Jungeninternats war für Samstag, 9. März 2019, geplant. Leider musste sie Anfang Februar 2019 kurzfristig abgesagt werden, da wegen des für uns unerwarteten nationalen LehrerInnen-Streiks für die Sicherheit während eines Besuchs an der Schule nicht garantiert werden konnte. Dieser Schritt fiel uns unglaublich schwer, da 23 Personen extra aus Deutschland anreisen wollten und bereits alles geplant und im Voraus finanziert hatten.
(2) Am 6. März 2019 scheiterte der 12. Hilfstransport nach Pitseng an einem abgerissenen Reifen.
Am 10. April 2019 konnte er dann im zweiten Anlauf erfolgreich durchgeführt werden. Es begleiteten uns zwei Gäste. Beim Passieren der Grenze nach Lesotho wurde wieder einmal ein nichtiger Grund gefunden, uns die Einreise zu erschweren, doch wir hatten Gott sein Dank auch alle Dokumente zur Verfügung, die in den Jahren zuvor nicht nötig waren, uns dieses Jahr aber viel Einreise-Gebühren ersparen konnten. Wie immer wurden Tonnen von (Schul-)Kleidung, Schreibwaren, Toiletten-Artikel, Schulranzen, Medikamente, Decken und Süßigkeiten mitgebracht.
Der Lesotho-Kalender 2020 von Yes we care! e.V. wurde erneut mit Hilfe der Firma Eukamed erstellt und von der Firma Aumüller Druck aus Regensburg kostenlos gedruckt. Er eignet sich gut als Geschenk! Wir freuen uns über viele Bestellungen!
Grundsätzlich spielt sich in Lesotho eine Katastrophe ab: Die Ernährungs-Situation in Lesotho hatte sich zwar nach der schrecklichen Dürre 2016 verbessert, aber die Folgen der Dürre werden noch jahrelang zu spüren sein. Mindestens ein Drittel der Bevölkerung Lesothos benötigt laut UN in diesem Winter 2019 Nahrungsmittelhilfe.
Trotz der immer noch vorherrschenden Dürre wächst im gut gepflegten Schulgarten der Pitseng High School sehr viel Kohl. Der kümmerliche Mais wurde leider durch einen schlimmen Gewittersturm Anfang April 2019 fast vollständig zerstört. Die durch Yes we care! e.V.-Unterstützung angeschafften Farmtiere helfen, die vielen SchülerInnen an der Schule ausgewogen zu ernähren.
Aussichten:
Das vergangene Vereinsjahr war ohne Frage das schwierigste in der Geschichte von YWC. Der Erfolg unserer Arbeit und Projekte hängt unabdinglich von den Entwicklungen vor Ort in Pitseng und Lesotho ab, auf die wir nur begrenzt Einfluss haben.
Der sicher berechtigte nationale Streik der LehrerInnen wird langfristige Auswirkungen auf die Schulergebnisse unserer Patenkinder haben. Sicher wird eine Anzahl eine Wiederholung dieses Schuljahres benötigen.
Die neue Leitung im Mädcheninternat bedeutet eine Katastrophe für unsere Mädchen. Falls die Nonne auch noch Schulleiterin der PHS werden sollte, bedeutet dies das Ende für YWC. Wir können nicht verantworten, mit einer solchen Frau zusammen zu arbeiten. Wir sind fast am Ende unserer Möglichkeiten angelangt und werden die sehr schmerzhafte Entscheidung treffen müssen, alle Aktivitäten zu beenden, falls keine Änderung vor Ort erwirkt werden kann. Wir sitzen zwischen allen Stühlen, weil in Lesotho 146 bedürftige Kinder im Patenschaftsprogramm und Hunderte andere bedürftige Kinder dringend weitere Hilfe benötigen! Wir werden so lange wie möglich alles in unserer Macht stehende tun, damit alle Patenkinder, die sich aktuell in unserem Patenschaftsprogramm befinden, ihr Abitur schreiben können.
Die Fertigstellung des zweiten Jungeninternats hat aber natürlich weiterhin Priorität, um es den Jungen zu ermöglichen, unter menschenwürdigen Bedingungen zu leben und zu lernen. Besonders eine gesicherte Wasserversorgung durch eigene Bohrlöcher/Brunnen in der Nähe der Gebäude wären wichtig, um die Wasserengpässe in den Wintermonaten zu umgehen.
Wir danken allen von ganzem Herzen, die sich für die Kinder in Pitseng einsetzen!
Kea leboha! Vielen Dank!