Geschrieben am 20.03.2-19

 


Gescheiterter Yes we care! e.V.-Hilfstransport am 6. März 2019 und erfolgreicher Besuch der Patenkinder am 15. März 2019 in Pitseng


Der 12. Hilfstransport an die Pitseng High School stand von Anfang an unter einem schlechten Stern: Der nationale LehrerInnen-Streik in Lesotho zwang uns, schweren Herzens die Eröffnungsfeier des zweiten Jungeninternats abzusagen und unseren Gästen von einem Besuch der Schule abzuraten. Die Vorbereitung der Dokumente für den geplanten Grenzübergang war schwieriger denn je und verlangte sehr viel Geduld und Durchsetzungsvermögen. Dann entwickelte mein Mann Peter eine Leistenhernie, die es ihm unmöglich machte, körperlich tätig zu sein und die recht dringend operiert werden sollte.

 

Zwei Mitglieder von Yes we care! e.V., Elke und Ulrich Karpinski, kamen trotz aller Unsicherheit, ob der Hilfstransport überhaupt stattfinden würde, um zu helfen, und brachten wunderbare Kinderpullover mit, die von einem weiteren Mitglied von Yes we care! e.V., Eva-Maria John, gestrickt worden waren.

 

Nachdem die Schulleiterin der Pitseng High School versichert hatte, dass es sicher genug für uns sei, brachen wir am Dienstag, den 5. März 2019, in aller Frühe mit voll bepackten Hängern Richtung Lesotho auf. Mit von der Partie war auch Chantelle Donald, die bei uns im Hinterhaus wohnt und uns viel hilft.

 

 

Das Team: Chantelle Donald, Peter Lang, Ulrich und Elke Karpinski und ich

 

Leider kamen wir nicht weit, als bei voller Fahrt ein Rad des schwer beladenen größeren Anhängers abbrach und uns um die Ohren flog und über die Autobahn hinweg verschwand. Gott sei Dank wurde niemand verletzt, weder Fußgänger, die immer am Autobahnrand stehen, noch Peter und Ulrich, die das Auto fuhren.

                                       

Nun hatten wir ein riesiges Problem:

 

 

 

Es war unmöglich, unseren Transport weiter durchzuführen, und wir mussten einen Abschleppwagen finden, der unseren schweren Hänger transportieren konnte.

 

 

 

Schon das Aufladen war prekär, da der Hänger eine Tendenz hatte, nach hinten umzukippen. Ulrich musste auf der Achsel stehen, um dies zu verhindern. Dann fuhren wir völlig verzweifelt hinter dem Abschleppwagen her – zurück nach Port Shepstone.

 

 

Es war jedes Mal spannend, wenn wir unter Brücken oder Mautstationen durchfuhren, ob dies auch gut gehen würde.

 

 

In der Reparaturwerksatt war schnell klar, dass es eine Weile dauern würde, das kaputte Radlager zu ersetzen – während der weiterhin voll beladene Hänger in der Luft schwebte.

 

 

Zu Hause angekommen mussten wir uns geschlagen geben und der Tatsache ins Auge sehen: Da Peters OP nicht verschoben werden konnte und es ohne ihn nicht ging, mussten wir den Transport verschieben. Schnell wurde eine sichere und gut erreichbare Lagerstätte für Tonnen von Hilfsgütern gefunden: zum Glück hatten wir gerade unser Hinterhaus renoviert und Chantelle erklärte sich sofort bereit, auf ein Zimmer zu verzichten, sodass wir am nächsten Tag mit vielen hilfsbereiten Menschen alle Güter abladen und dort einlagern konnten.

  

 

 

Hier warten die Hilfsgüter nun auf die nächste Transportmöglichkeit.

 

Peter hat seine OP gut überstanden und Karpinskis und ich entschieden, ohne ihn und ohne die Hilfsgüter dennoch nach Pitseng zu reisen, um wenigstens die Patenkinder zu besuchen und wichtige Gespräche mit der Schulverwaltung und unseren BetreuerInnen zu führen. Eine Woche später als geplant erreichten wir am Freitag, den 15. März 2019, die Pitseng High School, wo wir von Makabelo Tenane, der Schulleiterin und Managerin unseres Patenschaftsprogramms, begrüßt wurden.

 

 

Vom 22. Februar bis 11. März 2019 war die Schule wegen des nationalen LeherInnen-Streiks geschlossen und die Folgen waren sofort beim Morgenapell auf dem Schulhof sichtbar: höchstens die Hälfte der 711 SchülerInnen waren anwesend. Während des Streiks darf monatlich nur eine Woche unterrichtet werden und in eine solche Woche fiel nun unser Besuch. Für viele SchülerInnen ist es viel zu weit und teuer, jeden Monat zwischen ihrem Zuhause und der Schule hin- und herzureisen. Bis auf vier SchülerInnen waren aber alle 150 YWC-Patenkinder anwesend, dank der Extra-Zahlungen von YWC für ihre Transportkosten. Leider hat ein Junge aus dem Patenschaftsprogramm die Schulstreikpause genutzt und ist zu einer Initiationsschule gegangen, von der er nicht an die Schule zurückkehren kann. Wir befürchten, dass viele andere Jungen folgen werden, wenn der Streik sich hinziehen sollte. Für die Mädchen besteht die Gefahr, dass sie in den Schulstreikwochen schwanger werden könnten.

 

 

Auf dem Weg zu den Jungeninternaten können wir die Ecosan Toiletten sehen, die auf den Einbau neben den Jungeninternaten warten. Es handelt sich um ein spezielles System, das wasserlos arbeitet, was in einem so trockenen Land wie Lesotho äußerst sinnvoll ist.

 

 

 

Beide Jungeninternate waren außen und innen in einem gepflegten Zustand, wir konnten auch sehen, dass die Anschaffung von Gartengeräten nicht umsonst war: ein schön angelegter Rasen und ein Nutzgarten grüßten uns.

 

 

Elke und Ulrich Karpinski, Mr. Paku und Tlotliso mit seinen selber hergestellten Armbändern

 

Ein ehemaliges Patenkind war extra zum Jungeninternat gekommen, um uns seine selbsthergestellten Lesotho-Armbänder zu zeigen. Wir kauften sie ihm alle ab und hoffen, dass wir in Deutschland InteressentInnen dafür finden werden. Dieser junge Mann tut alles in seinen Möglichkeiten, um genug Geld für seine Bewerbungen für ein Stipendium an einer tertiären Bildungseinrichtung zu bekommen.

 

 

Makabelo, Elke und Ulrich Karpinski und Mpho

 

Elke und Ulrich überreichten ein großes Tuch, das bei einer Aktion in Essen am 20. November 2018, am Internationalen Tag der Kinderrechte, mit Grüßen von Deutschland nach Lesotho bemalt worden war.

Anschließend fanden mit allen unseren BetreuerInnen mehrere Besprechungen statt.

 

Nationaler LehrerInnenstreik: Es scheint, dass die Regierung zwar nicht direkt mit den LehrerInnen-Gewerkschaften kommuniziert, aber es geschehen Verbesserungen. Nachdem trotz Bezahlung an die Regierung jahrelang keine Schulbücher an die Schulen im ganzen Land geliefert worden waren, was einen den Unterricht extrem erscherte, wurden am Tag vor unserem Besuch für fast alle Fächer die Schulbücher geliefert! Auch andere Schule erhielten endlich ihre Bücher! Die Gewerkschaften interpretieren dies als Erfolg und wollen den Streik fortsetzen, bis alle wichtigen Forderungen von der Regierung erfüllt werden. Dies bedeutete an unserem Besuchstag, dass alle SchülerInnen wieder nach Hause geschickt wurden und erst am Montag, den 8. April 2019, wieder an die Schule kommen sollen. Obwohl wir die LehrerInnen gut verstehen, ist dieses Hin- und Her für unsere Patenkinder nicht nur teuer und mühsam, sondern auch sinnlos: Kein/e SchülerIn wird es am Jahresende schaffen, ein erfolgreiches Examen zu schreiben. Wir haben mit der Schulleitung deshalb vereinbart, dass die YWC-Patenkinder im April noch einmal kommen sollen. Falls der Streik sich dann fortsetzen sollte, wurde von uns entschieden, dass sie fortan zu Hause bleiben, bis der Streik zu Ende ist und wieder ein geregelter Schulbetrieb herrscht. So oder so wird das bedeuten, dass unsere Patenkinder ein Extra-Jahr Schulzeit benötigen werden.

Nachdem wir dies für die schlimmste Nachricht gehalten haben, kam es aber leider noch schlimmer:

 

Sister Pascalina, neue Betreuerin der Mädchen im Internat. Eine andere Nonne des Ordens Sisters of Charity of Ottawa hat die Leitung des Mädcheninternats übernommen. Sie ist ausgebildete Lehrerin, was wir zunächst erfreut zur Kenntnis nahmen, in der Hoffnung, dass sich dadurch die akademischen Ergebnisse der Mädchen in unserem Patenschaftsprogramm verbessern würden. Leider zeigt Sr. Pascalina aber keinerlei Interesse, die Mädchen während ihrer Studierzeiten zu beaufsichtigen, im Gegenteil, sie glaubt daran, dass extreme Strenge gegenüber den Mädchen angezeigt ist. Was sie darunter versteht, wurde während ihrer Zeit als Lehrerin in der benachbarten Grundschule deutlich: Sie hat die Kinder angeblich so sehr geschlagen, dass sie einem kleinen Mädchen den Arm gebrochen hat. Sie wurde auch im Mädcheninternat sofort tätig und hat bereits eine größere Anzahl Mädchen aus nichtigsten Gründen aus dem Internat geworfen. Mädchen, die wegen langer Transportwege nach ihrer Auffassung etwas zu spät eintreffen, werden von ihr gezwungen, auf dem Pflaster des Internatsvorplatzes zu übernachten. Lachen oder Reden in den Gängen des Internats werden sofort bestraft. Mehrere Patenmädchen haben in ihren Briefen erwähnt, dass sie bestraft werden, ohne zu wissen, wofür! Das ist jedoch nicht genug: Sr. Pascalina fordert eine sofortige, drastische Erhöhung der Gebühren von YWC, die unethisch und nicht bezahlbar ist. Wir wurden auch darüber informiert, dass diese Sr. Pascalina offenbar von einem Rat der Nonnen auserkoren ist, die zukünftige Schulleiterin der Pitseng High School zu übernehmen…!

 

Wir sehen diese Neuerungen als schwere Bedrohung für das gesamte Engagement von Yes we care! e.V.. Unser Grundsatz ist, jungen Menschen in Not zu helfen und menschenwürdige Bedingungen für sie zu schaffen. Sr. Pascalina ist in unseren Augen nach allem, was wir wissen, eine kranke Frau, die niemals Zugang zu Kindern haben dürfte! Ein entsprechender, sehr deutlicher Brief an der Rat der Nonnen wurde bereits von YWC verfasst. Es bleibt abzuwarten, wie die Sisters of Charity darauf reagieren werden. Falls Sr. Pascalina bleiben und tatsächlich die Schulleitung übernehmen sollte, werden wir sehr schmerzhafte Entscheidungen treffen müssen.

 

Jungeninternate: Unser Betreuer der Jungen, Mr. Paku, ist darum bemüht, dass „seine“ Jungen trotz der Streikunterbrechungen etwas lernen. Er hat einen Plan mit ihnen ausgearbeitet, wie sie auch in ihren Dörfern zu Hause alleine oder in Kleingruppen weiter studieren können. Er gibt ihnen Aufgaben und Fragen, die sie bearbeiten können.

 

 

Nach einer kurzen Mittagspause treffen wir dann unsere Patenkinder:

 

 

 Leider bekommen sie heute nur Briefe und schöne Armbänder, die lieben Geschenke der PatInnen sind im Lagerraum in Port Shepstone zwischen hunderten von Kisten und warten auf den nächsten Besuch.

 

 

 

Es war wie immer sehr bewegend und diesmal noch wichtiger als sonst, die Kinder zu sprechen und ihnen unsere Fürsorge zuzusichern. Beim anschließenden Foto-Shooting machten alle fröhlich mit:

 


 

 

Der Gedanke, dass sie noch heute wieder die Schule verlassen müssen und erst in drei Wochen wiederkommen können,  bricht einem das Herz!

 

 

Diese 66 SchülerInnen der 10. Und 12. Klasse sind ganz besonders betroffen, da sie Ende 2019 entweder das wichtige JC-Examen oder ihr Abitur schreiben wollen! Sie sind sehr besorgt und haben Angst um ihre Zukunft!

  

 

 

Beim Abschied, als wir gerade in unser Auto steigen wollten, läuft eine junge Referendarin aus dem Lehrerzimmer auf uns zu und fragt: „Erinnert ihr euch an mich? Ich war ein Patenkind von euch! Heute bin ich ausgebildete Pädagogin, und das habe ich alles Yes we care! e.V. zu verdanken!“ Mit diesen Worten fällt sie mir um den Hals. Ich muss meine Tränen zurückhalten, so sehr freue ich mich über diese Begegnung und die Bestätigung, dass wir vielen, vielen bedürftigen Kindern eine Ausbildung und damit eine bessere Zukunft ermöglichen.

 

Dieses Jahr 2019 ist eine riesige Herausforderung für Yes we care! e.V. und alle unsere Projekte. Es steht alles auf dem Spiel, wofür wir Yes we care! e.V. gegründet haben und uns seit Jahren einsetzen. Aber die Kinder sind da - und sie brauchen gerade jetzt unsere Hilfe! Wir können nur das Beste versuchen, die nötigen Schritte zu unternehmen und um Gottes Hilfe bitten, damit wir ihnen auch in Zukunft zur Seite stehen können!

 

Wir bedanken uns bei alle PatInnen und UnterstützerInnen für Geduld, Verständnis, Gebete und Motivation in dieser schwierigen Zeit!